Die Wohnraumsituation in Kiel wird immer schlimmer: Steigende Mieten, Wohnungen im miesen Zustand, Vermieter*innen, die sich nicht kümmern, Abzocke durch Nebenkosten und Modernisierungsmaßnahmen, Warteschlangen bei Besichtigungen und immer weniger verfügbarer Wohnraum machen die Wohnungssituation mittlerweile auch hier zur Qual. Besonders hart trifft diese Entwicklung Menschen mit Anspruch auf Grundsicherung oder ohne deutschen Pass. Das Ganze ist kein Zufall, sondern das Ergebnis von jahrelanger Stadtpolitik gegen die Interessen der Mieter*innen, dem Drängen von Großkonzernen wie Vonovia und Co. auf den Wohnungsmarkt und der gezielten Spekulation mit Wohnraum als Profitmaschine.
Den Grundstein für diese Entwicklung legte die SPD bereits Ende der 1990er Jahre mit dem Verkauf der kompletten Kieler Wohnungsbaugesellschaft (KWG) an einen privaten Investor. Mehrere Weiterverkäufe und eine Fusion später gehören diese ehemaligen kommunalen Wohnungen dem Immobiliengroßkonzern Vonovia. Auch auf Landesebene ist die SPD mit dem „Wohnraumfördergesetz“ von 2009 den Mieter*innen und Geringverdiener*innen in den Rücken gefallen. Mit dem Gesetz wurde die Preisbindung für Sozialwohnungen gekürzt, sodass in Schleswig-Holstein zum Ende letzten Jahres über 20.000 Wohnungen aus der Preisbindung gefallen sind. In vielen Fällen ließen daraufhin die Mieterhöhungen, u.a. von Vonovia, nicht lange auf sich warten.
VONOVIA ist das größte Wohnungsunternehmen Deutschlands und hat sich insbesondere durch dubiose Nebenkostenabrechnungen unbeliebt gemacht. Die Masche funktioniert so gut, dass die Einnahmen des Konzerns in die Höhe schießen. So peilt man für 2019 einen Gewinn von 1,2 Milliarden Euro an. Diese Kohle holt sich das Unternehmen aus den Taschen der Mieter*innen. Und genau das bekommen auch wir hier zu spüren, denn Vonovia ist der wichtigste Vermieter in Kiel und auch in Gaarden.
Währenddessen hat sich die Stadt Kiel für den Stadtteil Gaarden etwas besonderes ausgedacht: Unter dem Titel „Gaarden hoch 10“ möchte man den Stadtteil ein wenig aufhübschen und für ein zahlungskräftigeres Publikum attraktiv machen. Dafür versucht man ihn auch durch verschiedene Events interessant zu gestalten. Wir freuen uns über Investitionen zur Verbesserung der Wohnsituation und über die Förderung unserer Kultur im Stadtteil, wenn das den dort lebenden Menschen dient. Doch in Gaarden wohnen viele arme und von Armut bedrohte Menschen, und an denen hat die Stadt kein Interesse. Die Mieten werden erheblich steigen und das bedeutet für viele, dass sie sich ihre Wohnungen nicht mehr leisten können. Es werden diese Leute nicht nur aus Gaarden vertrieben, sie landen am Stadtrand, außerhalb der Stadt oder direkt auf der Straße. Dagegen wird auch die begrüßenswerte aber unzureichende neue kommunale Wohnungsgesellschaft nicht viel ändern. Deren Errichtung wird Jahre dauern und am Ende nur ein Tropfen auf den heißen Stein der Wohnungsnot sein.
Und diese Misere hat System! Die Auswüchse gegen Mieter*innen sind keine tragischen Einzelfälle gieriger Unternehmen, sondern vielmehr Ausdruck eines grundsätzlichen Problems. In dieser Gesellschaft wird mit Wohnungen und dem öffentlichen Raum Geld gemacht. Wohnungen werden wie Waren gehandelt, die den Profit steigern sollen. Dabei nehmen die führenden Immobilienunternehmen aufgrund ihrer Größe eine marktbeherrschende Sonderstellung ein. Sie sind einerseits aufgrund ihrer Größe in der Lage, die Entwicklung der Mieten und auch der Mietgesetzgebung zu beeinflussen und sind andererseits aufgrund ihrer wirtschaftlichen Ausrichtung im Besonderen für Preissteigerungen auf dem Wohnungsmarkt verantwortlich.
Aber gegen all diese Entwicklungen gibt es auch hier in Kiel Widerstand: In Projensdorf haben sich Vonovia-Mieter*innen erfolgreich gegen drastische Mieterhöhungen im Zuge geplanter Modernisierungen zur Wehr gesetzt. In Gaarden organisieren sich aktuell verschiedene Hausgemeinschaften in ähnlichen Fällen. Im April hat in Mettenhof eine schwungvolle Demonstration zum Hauptsitz von Vonovia stattgefunden und stadtweit entwickeln sich regelmäßige Mieter*innentreffen gegen Mietabzocke und unsoziale Wohnungspolitik. Damit stehen wir bei weitem nicht alleine da: Bundesweit fordern zehntausende Mieter*innen die Enteignung von Großkonzernen wie Vonovia, effektive Eingriffe gegen steigende Mieten und würdevollen Wohnraum für alle!
Um unserer Wut über die Wohnsituation und die Abzocke von Vonovia & Co. Luft zu machen, wollen wir nun gemeinsam mit einer Demonstration auf die Straße gehen und deutlich machen:
Basta, es reicht! Schluss mit hohen Mieten und miesen Wohnungen! Schluss mit Abzocke durch Wohnkonzerne und Verdrängung!
Für einen solidarischen Stadtteil!
Demonstration | Samstag 02.11.2019 | 14 Uhr | Vinetaplatz Gaarden